Dokumentationsstätte Regierungsbunker – Erinnerungen an den kalten Krieg

Nein, obwohl die Bundeswehr an den Übungen in diesem einstmals streng geheimen Objekt maßgeblich beteiligt war, habe ich ihn zu meiner aktiven Zeit nie von innen gesehen: den Ausweichsitz der Bundesregierung, den Regierungsbunker bei Bad Neuenahr-Ahrweiler. Doch an den kalten Krieg kann ich mich sehr gut erinnern. Und diese Erinnerung ist nach unserem Besuch der Dokumentationsstätte Regierungsbunker wieder klarer denn je.

Dicker Beton – der Regierungsbunker bei Bad Neuenahr

Und das soll diese Dokumentationsstätte ja auch. Daran erinnern, wie es einmal im geteilten Deutschland war. Wie haarscharf die Welt an der Katastrophe „3. Weltkrieg“, und damit sehr wahrscheinlich an einem Atomkrieg, vorbei geschrammt ist. Gleichzeitig soll sie uns auch zur Vernunft mahnen. Die lange Zeit des Friedens, zumindest hier in Deutschland, ist nicht selbstverständlich und wir sollten alles dafür tun, diesen Frieden zu bewahren.

Streng geheimgehalten!

Mit dem Beitritt zur NATO im Jahre 1955 verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland zum Bau eines Ausweichsitzes für die Verfassungsorgane. Dieser erfolgte dann unter strengster Geheimhaltung in den Jahren 1960 bis 1971. Zur Tarnung wurden Aktivitäten und Übungen des THW vorgegeben. In den 5 autarken Abschnitten des 17,3 Kilometer langen Tunnelsystems konnten 3000 Personen untergebracht werden, die dort einen Monat lang überleben konnten. Auch oder gerade im Falle eines Atomwaffeneinsatzes. Was danach passiert wäre, darüber hatte man sich noch keine Gedanken gemacht.

Eingangsportal

Im Dezember 1997 beschloss die Bundesregierung die Aufgabe des Bunkers. Seit Februar 2008 ist er nun Dokumentationsstätte und eines der beeindruckenden Zeugnisse des Kalten Krieges. Der Bunker ist zum größten Teil zurück gebaut und entkernt worden, von ehemals 17,3 Kilometern kann man heute gerade noch ca. 200 Meter besichtigen. Ursprünglich gab es in dem Bunker 936 Schlaf- sowie 897 Büroräume. Und einen Teil des Mobiliars und der Ausstattung dieser Räume wird heute im Museum ausgestellt.

Relikte aus vergangener Zeit

Es ist Sonntag und der Voraum der Dokumentationsstätte ist schon gut mit Besuchern gefüllt. Die Führungen dauern 90 Minuten und beginnen immer dann, wenn genügend Besucher vor Ort sind. In unserem Fall müssen wir nur ca. eine halbe Stunde warten. Schon im Vorraum gibt es einiges zu sehen und zu lesen, so dass man schon hier einen kleinen Eindruck auf das bekommt, was einen erwartet. Und dann geht es hinein… in das geheimnisvolle Innere des Berges.

Informative Filme im Vorraum
die Dinger kenne ich auch noch ;-)

Zunächst einmal eine riesige Orientierungstafel und das erste Highlight – das 25 t schwere Tor im Eingangssperrbauwerk. Dieses Tor ist heute noch funktionstüchtig, ausgeklügelte Technik schließt es in wenigen Sekunden. Auch von Hand lässt es sich schließen. Das war körperlich sehr anstrengend, wurde aber geübt. Unter einer halben Stunde war da nichts zu machen. Ein Video, welches das Tor beim Schließen zeigt, gibt einen guten Eindruck wieder und löst zum ersten mal etwas Beklemmung in mir aus.

Die Übersicht nicht verlieren
Viel Technik
Achtung! Das Tor schließt!

Das setzt sich dann bei den Dekontaminationsduschen fort. Wie auch ich fühlen sich hier wohl die meisten Besucher an ähnliche Vorrichtungen in KZ-Gedenkstätten erinnert. Aber hier hatten die Duschen ja den Zweck Leben zu erhalten und nicht zu vernichten. Trotzdem… es lässt einen nicht kalt, vor allen Dingen nicht wenn man sich vorstellt, wie es allen Menschen ergangen wäre, die im Falle eines Atomschlages nicht das Privileg gehabt hätten in einem solchen Bunker Zuflucht zu finden.

Durchblick beim Duschen

Über authentisch eingerichte Räume wie Fernschreibzentrale, Labor, Schaltzentrale, Ersatzteillager, Lageraum und Kantine erreichen wir ein WDR-Fernsehstudio. Ja, Ihr habt richtig gelesen… im Ausweichsitz gab es ein Fernsehstudio. Von hier aus sollte der Bundeskanzler die Bevölkerung über die TV-Geräte, falls noch welche funktioniert hätten, erreichen. Auch das wurde regelmäßig geübt. Und so lauschen wir gespannt, schockiert, beeindruckt einer Rede, die bei einer Übung auch so gehalten wurde.

Das Fernsehstudio

Der „Kanzler Üb“, wie der entsprechend eingeteilte Beamte bei solchen Übungen genannt wurde, hatte einige Privilegien. Einen eigenen Friseursalon, ein Kanzlerzimmer mit feinen Sesseln und… ein Einzelzimmer. Er hätte sich also nicht wie die an der Übung beteiligten Bundeswehrsoldaten ein 4 oder gar 8 Bettzimmer teilen müssen. Aber da hört der Komfort auch schon auf. Das Bett, welches dem „Kanzler Üb“ zur Verfügung stand, war „Bw-einfach“. So ist es wohl zu erklären, dass die meisten zur Übung abgestellten Regierungsbeamten es vorzogen, die Nacht zuhause im eigenen  Bett zu verbringen. Die jeweiligen wirklich amtierenden Bundeskanzler waren übrigens bei solchen Übungen niemals mit an Bord.

Das Kanzlerzimmer
Auch im Krieg sollte der Kanzler adrett aussehen
Aber auch sein Bett war „BW-einfach“

Weiter geht es bis zum Ende des heute für Besucher begehbaren Bereiches. Immer wieder große Übersichtspläne und die Frage unserer Führerin: Wer kann mir sagen, wo wir gerade sind? Gar nicht so leicht zu beantworten. Man verliert selbst auf diesen ca. 200 begehbaren Metern leicht die Orientierung. Nun stehen wir vor einem großen Metallgitter und blicken „in die Röhre“ – der Regierungsbunker wurde in Eisenbahntunneln tief unter den Weinbergen von Bad Neuenahr-Ahrweiler gebaut. Der Bundeskanzler hätte das sicherste Zimmer bekommen, über 100 Meter Erde über ihm hätten ihn schützen sollen.

Blick in die Röhre – der entkernte Eisenbahntunnel
Querschnitt… so sah es ausgebaut aus

Nun gehen wir zurück, zunächst noch in den kleinen Sanitätsbereich. Notamputationsbesteck, ein Zahnarztstuhl mit Pedalantrieb… größere Operationen wurden her aber nie durchgeführt. Kopfschmerztabletten waren das meist ausgegebene Medikament im Bunker. Es gab übrigens in der Kantine auch Wein zu kaufen – wer möchte, kann da jetzt selbst einen Zusammenhang herstellen.

Wurde zum Glück nie gebraucht
Aber wäre alles da gewesen
„Zahnstation“

Danach schauen wir uns noch den Unterkunftsberich im oberen Teil des alten Tunnels an. Viel Komfort hatte man hier nicht. Über Abwechslung, wie z.B. einen Kinofilm in der Kantine oder eben das Gläschen Ahrwein, war man wohl sehr dankbar. Hier endet dann auch unsere Führung. Nachdenklich verlasse ich den Bunker.

Vier Mann auf der Stube
Unterkunftsbereich

Vieles hat mich an meine Bundeswehrzeit erinnert. Nein, nicht nur das EPA in der Küche. Auch wir haben ihn damals miterlebt: den kalten Krieg. Auch wir hatten Luftschutzkeller in den Kasernen und haben die übungsweise beziehen müssen. Und wir alle waren froh, als diese Zeit, in der das Säbelrasseln der Supermächte zeitweise doch sehr laut war, mit der „Perestroika“ ihr Ende fand. Die Wiedervereinigung Deutschlands war für mich ein phänomenales Ereignis. Die Europa-Idee habe ich immer befürwortet und befürworte sie noch heute. Und so kann ich Euch einen Besuch der Dokumentationsstätte Regierungsbunker nur wärmstens empfehlen. Damit wir lernen den Frieden zu schätzen, den wir nun schon so lange in Deutschland haben. Und damit niemand auf die Idee kommt, die Zeit wieder zurück drehen zu wollen.

Lagekarte – für den dritten Weltkrieg vorbereitet
Taktische Zeichen – heute wird das auch digital gemacht
Und was wäre mit der Bevölkerung?
Es war oft „5 Minuten vor 12“

Alle Informationen, wie z.B. Anfahrt, Eintrittspreise und Öffnungszeiten findet Ihr auf der Homepage der Dokumentationsstätte!

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Bis bald, Euer Jörg





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