Heute geht es aufwärts. Denn Etappe 2 der Via Spluga ist fast überwiegend eine „Bergauf-Etappe“. Doch auch im übertragenen Sinne ist die zweite Etappe eine Steigerung zur 1. Etappe der Via Spluga, obgleich die uns ja auch schon begeistert hatte. Die Ausblicke werden nun immer schöner und mit der Rofflaschlucht hält Etappe 2 ein weiteres Highlight bereit, welches die Viamala-Schlucht unserer Meinung nach nochmals übertrifft.
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Hotel Weisses Kreuz und die Sache mit dem Schlüssel
Ein Abschnitt des Weges ist sogar so schön, dass ich ihn gleich dreimal laufe. Allerdings nicht ganz freiwillig. Als wir am Vorabend unser schönes Zimmerchen im Hotel Weisses Kreuz in Andeer bezogen haben, wies man uns noch freundlich darauf hin, die Abgabe des Zimmerschlüssels am nächsten Tag nicht zu vergessen. Kein Problem… dachten wir. Die Zimmer des Hotels liegen teilweise in einem Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Nach dem Frühstück bereiten wir also unsere Koffer für den Gepäcktransport vor, stellen sie auf den vorgesehenen Platz und dann kommt mir die Idee, noch ein paar Bildchen vom Hotel und vom nahegelegenen Dorfplatz zu machen.
Und von dort machen wir uns dann direkt ans Wandern, füllen unsere Wasserflaschen am Brunnen auf und freuen uns am schönen Wetter und den urigen Gassen von Andeer. Wir sind schon ein Stück hinter dem Granitwerk, es geht gut bergauf und da fragt mich Doris: „hast Du eigentlich den Zimmerschlüssel abgegeben?“ Ich packe in meine Hosentasche und da ist er… Oh je, was nun? Aber es sind ja nur knapp 2 Kilometer. Doris darf noch ein wenig in der Sonne Pause machen und ich eile zurück ins Hotel. Und so kam es, dass ich diesen Abschnitt des Weges gleich dreimal laufe.
Über die Schalensteine zur Rofflaschlucht
Doch nun bin ich warm und es kann richtig losgehen. Die Via Spluga führt uns jetzt hinauf zu den prähistorischen Schalensteinen. Vertiefungen von 5 bis 10 Zentimetern, die durch Rinnen und Furchen miteinander verbunden sind, könnten hier auf kultische Handlungen hinweisen. Hinter den Schalensteinen geht es hinunter zum Kraftwerk Bärenburg mit dem wunderschön blau-grünen Stausee.
Um die Wanderung auf der Straße zu umgehen, führt uns die Via Spluga nun durch den Wald bergauf und dann wieder hinunter zum Hinterrhein. Gespannt erreichen wir das Gasthaus Rofflaschlucht.
In der Schlucht unter dem Rhein hindurch
Ja, Ihr habt richtig gelesen. In der Rofflaschlucht kann man unter dem Rhein hindurch gehen. Zunächst aber betreten wir das Gasthaus und zeigen dort unsere Eintrittsvouchers. Im kleinen Museum ist es uns ein wenig zu voll und so gehen wir gleich in die Schlucht hinunter. Und sind überrascht! Der Anblick der in den Fels geschlagenen Galerie ist beeindruckend. Und am hinteren Ende der Schlucht erwartet uns unsere erste „Rheinunterquerung“. Ein wenig naß werden wir dabei, aber die Sonne wird uns schnell wieder trocknen.
Im Anschluss erfahren wir im kleinen Museum, dass die Galerie in den Wintern 1907-14 vom damaligen Wirt und Besitzer Christian Pitschen-Melchior in den Fels geschlagen wurde. Inspiriert hatte ihn ein Besuch der Niagara-Fälle. Wie so oft wurden damals seine Erschließungsarbeiten von anderen belächelt. Doch die Mühen hatten sich gelohnt, das Gasthaus und die Schlucht wurden zu einem beliebten Ausflugsziel. Wenn man im Museum die Geschichte des schwierigen Lebens der Gastwirtdynastie und der mühseeligen Erschließungsarbeiten der Schlucht liest, zahlt man gerne den Eintritt und verzehrt auch gerne etwas auf der Sonnenterasse vor dem Gasthaus.
Eisloch, Sufner See und Burgruine Splügen
Nach der Rofflaschlucht führt uns die Via Spluga immer am Hinterrhein entlang, bis wir diesen schließlich auf einem Steg überqueren. Im Wald ist es angenehm kühl und jetzt folgt noch eine Erfrischung der besonderen Art. Denn aus dem „Eisloch“ kommt die Luft wirklich eiskalt heraus und richtig, unten im Loch ist auch noch Eis zu sehen.
Vorbei am heute leider geschlossenem Crestawald-Museum, einem einst geheim gehaltenen Artilleriebollwerk, erreichen wir schließlich einen Aussichtspunkt von dem man auf den Sufner See schauen kann. Wirklich herrlich! Wir durchqueren Sufers, das vermutlich älteste Dorf im Rheinwald, und mit moderaten Steigungen geht es in Richtung Splügen. Doch vorher zieht noch die Ruine der Burg Splügen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Wir wagen den kurzen Abstecher und werden mit einer herrlichen Aussicht auf Splügen und die umliegende Bergwelt belohnt. Die Burg wurde Ende des 13. Jahrhunderts von den Freiherren von Vaz erbaut.
Ankunft und Übernachtung in Splügen
Doch nun Splügen. Schon von weitem erkennen wir die eindrucksvollen „Palazzi“, im 18. Jahrhundert erbaute mehrstöckige Häuser einflussreicher Splügener Bürger. Auch hier ist das Erscheinungsbild vom Transitverkehr geprägt worden. Auch das Hotel Bodenhaus, in dem wir übernachten, ist ein solch altehrwürdiger Platz. Stolz berichtet uns Willibald Löschl, der heutige Besitzer des Hotels, von der langen Geschichte des Hauses. Keine Frage, wo sich schon Nieztsche, Einstein und Röntgen wohl fühlten, werden auch wir gut schlafen. Zudem genießen Annehmlichkeiten wie Schwimmbad und Sauna sowie das Abendessen auf der Hotelterrasse.
Auch in Splügen spricht man mittlerweile überwiegend Deutsch, das rätoromanische Sprachidiom ist auf dem Rückzug. Im Ort gibt es einen Bäcker, einen Metzger, eine Sennerei und einen Supermarkt. Splügen ist nicht nur Ausgangspunkt für viele Wanderungen in alle Himmelsrichtungen, sondern auch ein beliebter Wintersportort. Hier endet für uns die zweite Etappe der Via Spluga. Ca. 15 wunderschöne Kilometer und so um die 1000 Steigungsmeter liegen hinter uns. Es war ein herrlicher Wandertag!
Via Spluga – Wandern ohne Gepäck
– Werbung – Die Etappen der Via Spluga stellen auf jeden Fall eine gewisse sportliche Herausforderung dar. Es sind einige Höhenmeter zu überwinden. Am bequemsten wandert es sich da natürlich ohne großes Gepäck. Wir haben das ganze mit dem Pauschalarrangement „Klassik“ von Viamala Tourismus bewerkstelligt. Im Preis ab CHF 539.00 pro Person im Doppelzimmer (Wandersaison 2018) sind folgende Leistungen inbegriffen:
- 5 Übernachtungen im Doppelzimmer mit Frühstück
- 4 Lunchpakete der Hotels
- Eintritte: Viamala- und Rofflaschlucht, Kirche Zillis (inkl. Ausstellung), viaSpluga-Museum in Campodolcino
- Eintritt ins Mineralbad Andeer (Dauer 2 h)
- Postkarte/Souvenir
- Dokumentation mit Wanderkarte
- Gepäcktransport von Hotel zu Hotel
Für 150 CHF (Wandersaison 2018) kann man die Halbpension dazu buchen, was wir Euch gerne ans Herz legen wollen. Denn es gab in allen Hotels leckere 3- bzw. 4-Gang-Menüs, die ansonsten ein vielfaches gekostet hätten.
Fun-Fact Etappe 2
Andeerer Granit, der bearbeitet oder geschliffen eine hervorragende dekorative Wirkung erzielt, fand schon im 19 Jahrhundert als Baumaterial Verwendung. Man findet ihn heute auch als exquisite Parfümflasche oder als Rohling für die berühmte „Rock-Watch“. (Quelle: Via Spluga “Durch Kulturen wandern” von Kurt Wanner)
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Via Spluga Etappe 2 als GPX-Track
Ich habe unsere Tour auf komoot aufgezeichnet. Hier könnt Ihr sie ansehen und den GPX-Track herunterladen. Die 4 Extrakilometer aufgrund der Sache mit dem Zimmerschlüssel sind leider auch mit dabei, die könnt Ihr natürlich beim Nachwandern gerne weglassen ;-)
Disclaimer und weitere Fotos
Diese Reise wurde von Viamala Tourismus, der Rhätischen Bahn, den Schweizerischen Bundesbahnen sowie der Deutschen Bahn unterstützt. Dafür meinen allerherzlichsten Dank! Die Kooperation mit dem Veranstalter hat meine Berichterstattung aber in keinster Weise beeinflusst und ich gebe hier ausschließlich und ehrlich meine persönlichen Eindrücke wieder.
Transparenz und Offenheit sind mein Credo und somit Verpflichtung beim Verfassen aller meiner Artikeln, dazu habe ich mich durch das Unterzeichnen des Outdoor Blogger Codex verpflichtet.
Zu den weiteren Etappen der Via Spluga:
- Via Spluga Etappe 1 – Hohen Rätien und Viamala-Schlucht
- Via Spluga Etappe 3 – Über den Splügenpass nach Italien
- Via Spluga Etappe 4 – Durchs zauberhafte Val San Giacomo
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Hallo Jörg
sehr schön berichtet, und ins Besonders mit schönen Bildern dokumentiert. Vielen Dank, so durfte ich in Gedanken mitwandern. Sicher habt ihr auch eine Blumenpracht angetroffen, somit ist Juni ein guter Monat. Freue mich auf die Berichte der 3. und 4. Etappe.
Grüsse aus Zürich
Annelies
Hallo Annelies,
vielen lieben Dank für Deinen Kommentar. Ja, da haben wir einen tollen Monat erwischt. Die Farben der Natur waren echt herrlich!
Liebe Grüße, Jörg
Hallo, Jörg,
auch der zweite Teil hat mir sehr gefallen. Unter dem Rhein hindurch, das muss man erst mal nachmachen!
Als Altklug-Schweiz-Fan ein ähnlicher Tipp, nicht ganz so spektakulär (wenn Du schon mal da bist):
Am Südüfer des Brienzer Sees, also ggü. Brienz, vom Gasthof Bramisegg über den Steig hinunter zum Hotel Giessbach (führt effektvoll unter dem Giessbach-Wasserfall hindurch). Auch dort sind viele tolle Wege, aber das gehört alles nicht in einen Kommentar.
Also noch mal Lob für den tollen Splügen-Report.
Hallo Carsten,
ich denke, unter einem Wasserfall hindurch zu gehen ist immer etwas tolles. Und gute Tipps gehören natürlich immer in den Kommentar, gar kein Problem!
Liebe Grüße, Jörg von Outdoorsuechtig.de
Herrliche Bilder! Die Roffla-Schlucht kannte ich noch gar nicht, werde sie mir aber als neues Wanderziel merken.
LG Andrea
Hallo liebe Andrea! Ja, die ist schon sehenswert… überhaupt kann man die ganze Gegend nur empfehlen!
Liebe Grüße, Jörg
Hallo Jörg
Diese schöne viertägige Wanderung habe ich im Herbst 2013 gemacht und damals auch im Bodenhaus übernachtet. Inzwischen waren wir schon viermal dort zu Gast.
Grüsse Paul
Hallo Paul, danke für Deinen Kommentar! Die Wanderung ist wirklich die Reise wert. Und im Bodenhaus haben wir uns auch sehr wohl gefühlt. Die Gastgeber sind sehr herzlich.
Liebe Grüße aus Limburg,
Jörg von Outdoorsuechtig.de
Bei den wundervollen Landschaftsaufnahmen muss man neidisch werden. Ich freue mich schon auf deinen nächsten Bericht!
Hallo Ludwig,
vielen lieben Dank für das Kompliment. Dein Kommentar war übrigens zunächst im Spam-Ordner gelandet, deshalb erst jetzt meine Antwort.
Liebe Grüße aus Limburg, Jörg von Outdoorsuechtig.de
Tolle Bilder, informativer Reisebericht.
Danke Dir! Liebe Grüße aus Limburg!
Jörg von Outdoorsuechtig.de